Habe ich PMS oder Endometriose?
Frauen, die unter wiederkehrenden, zyklusabhängigen Beschwerden leiden, stehen oft vor genau dieser Frage. Denn Endometriose und das prämenstruelle Syndrom (PMS) sind zwar ganz unterschiedliche Erkrankungen, können aber ähnliche Symptome hervorrufen.
Zwei vernachlässigte Krankheitsbilder
Regelbeschwerden sind im Grunde nichts Ungewöhnliches. Vielen Frauen erscheinen sie so selbstverständlich, dass sie sich gar keine Gedanken darüber machen, ob sie noch „normal“ sind oder ob vielleicht eine Erkrankung dahintersteckt, die man behandeln und lindern kann. Daher bleiben vermutlich viele Diagnosen unentdeckt. Hinzu kommt, dass die Krankheitsbilder PMS und Endometriose, obwohl sie häufig vorkommen, noch immer ein Schattendasein fristen. So vergehen oft Jahre, bis sie diagnostiziert werden.
Das ist also schon einmal die erste Gemeinsamkeit beider Frauenleiden: Sie sind häufig, wenig bekannt, werden oft erduldet und haben daher vermutlich eine hohe Dunkelziffer.
Warum das so ist, liegt an einer weiteren Überschneidung beider Erkrankungen. Denn im Gegensatz zu anderen Krankheiten, die z. T. recht eindeutige Symptome hervorrufen, sind die Beschwerden sowohl bei PMS als auch bei Endometriose meist unspezifisch. Das heißt, es können theoretisch zahlreiche Ursachen dahinterstecken. Das macht es auch für Ärzte schwierig, ihnen auf die Spur zu kommen.
Infobox: Was ist der Unterschied zwischen PMS und Endometriose?
1. PMS: wiederkehrende Beschwerden vor der Periode
Unter dem prämenstruellen Syndrom werden körperliche und psychische Beschwerden zusammengefasst, die in den Tagen vor der Regelblutung einsetzen (prä-menstruell = vor der Menstruation) und mit Beginn der Periode wieder abklingen. Sie gehen vermutlich auf die hormonellen Schwankungen während des weiblichen Zyklus zurück, auf die manche Frauen besonders sensibel reagieren.
Mehr zu PMS erfahren Sie hier.
2. Endometriose: versprengtes Gebärmuttergewebe
Das Wort Endometriose leitet sich von Endometrium ab, womit im Altgriechischen die Gebärmutterschleimhaut bezeichnet wird (endo = innen, metra = Gebärmutter). Bei der Erkrankung siedelt sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, in anderen Bereichen des Körpers an. Man spricht auch von sogenannten Endometrioseherden. Sie bilden sich häufig in den Eierstöcken, im Raum um die Gebärmutter herum sowie im Gewebe, das den Bauch- und Beckenraum auskleidet. Manchmal sind auch der Darm oder die Harnleiter betroffen, und sogar im Brustfell und Herzbeutel können sich Herde einnisten. Mit der Zeit können sich an den betroffenen Stellen Blutansammlungen bilden, außerdem kann es zu Reizungen, Entzündungen und schließlich Verwachsungen kommen. All dies ruft mitunter starke Beschwerden hervor.
Warum es dazu kommt, ist nach wie vor unklar. Vermutlich spielen Hormone, das Immunsystem und eine familiäre Veranlagung eine Rolle. Denkbar ist, dass Teile der Gebärmutterschleimhaut bei der Menstruation nicht ausgeschwemmt werden, sondern in die Bauchhöhle gelangen. Oder sie wandern mit dem Blut oder der Lymphe in andere Körperregionen. Schließlich könnten sich auch Zellen außerhalb der Gebärmutter zu Schleimhautzellen umwandeln.
Gemeinsame Symptome bei Endometriose und PMS
Im Folgenden wollen wir die einzelnen Symptome bei PMS und Endometriose unter die Lupe nehmen. Denn wenn man genau hinsieht, gibt es doch feine Unterschiede, mit denen sich die Diagnosen abgrenzen lassen.
Fangen wir mit den Überschneidungen an. Bei beiden Krankheitsbildern treten u. a. folgende Symptome häufig auf:
zyklisch wiederkehrende Schmerzen im Unterleib
Kopfschmerzen
Rückenschmerzen
Verstopfung und Verdauungsprobleme
Die Symptome können sowohl bei PMS als auch bei Endometriose die Lebensqualität mindern und das private wie berufliche Leben stark in Mitleidenschaft ziehen. Das liegt auch am chronischen bzw. wiederkehrenden Charakter der Beschwerden: Wer in regelmäßigen Abständen 12-mal im Jahr darunter leidet, ist immer wieder beeinträchtigt und hat oft schon Angst vor der nächsten Episode.
Typische PMS-Beschwerden: Brustspannen
Doch es gibt bei aller Gemeinsamkeit auch Unterschiede zwischen beiden Krankheitsbildern. Neben den oben genannten Beschwerden sind spezifisch bei PMS weitere Symptome häufig, die für eine Endometriose wiederum nicht kennzeichnend sind. Dazu gehören ein Spannungsgefühl in den Brüsten, Gelenk- und Muskelschmerzen, Wassereinlagerungen und Hautunreinheiten.
Ein weiterer feiner Unterschied betrifft den jeweiligen Verlauf: Obwohl beide Erkrankungen zyklusabhängig auftreten, ist PMS noch stärker an die weiblichen Hormonschwankungen gebunden: Die Beschwerden setzen in der zweiten Zyklushälfte kurz vor der Periode ein und klingen mit der Blutung wieder ab. Danach ist für einen Monat Ruhe. Außerdem ist die Symptomatik auf die fruchtbare Zeit einer Frau zwischen der ersten und der letzten Regelblutung (Menarche und Menopause) begrenzt.
Das ist bei der Endometriose in der Regel auch der Fall, allerdings können theoretisch auch junge Mädchen vor der Geschlechtsreife und ältere Frauen nach den Wechseljahren betroffen sein. Außerdem verursacht die Endometriose oft chronische Schmerzen, die dauerhaft bestehen. Sie nehmen zwar meist vor und mit der Periode zu, da sich die Endometrioseherde im Körper ähnlich wie die Gebärmutterschleimhaut verhalten und bei jeder Menstruation mitbluten. Wenn sich aber beispielsweise bereits Verwachsungen gebildet haben, kann dies zu andauernden Beschwerden führen.
Schmerzen beim Geschlechtsverkehr bei Endometriose
Eine Endometriose kann sich, je nach Lokalisation, unterschiedlich und anders als PMS äußern. So führen etwa Herde an der Blase zu Problemen beim Wasserlassen, am Darm zu Schmerzen beim Stuhlgang. Typisch sind außerdem Beschwerden beim Geschlechtsverkehr, was wiederum eine Herausforderung für die Partnerschaft sein kann.
Und noch etwas kann hinweisend auf eine Endometriose sein: ein unerfüllter Kinderwunsch. Wenn Endometrioseherde Eileiter und/oder Eierstöcke befallen und schädigen, können Eisprung und Befruchtung ausbleiben, oder die befruchtete Eizelle gelangt nicht mehr in die Gebärmutter.
So weit kommt es bei PMS nicht. So unangenehm die Erkrankung sein kann, die Fruchtbarkeit beeinträchtigt sie nicht. Allerdings kann auch das prämenstruelle Syndrom gravierende Folgen haben. Neben den körperlichen sind dabei nämlich auch psychische Symptome sehr häufig. Depressive Verstimmungen, verstärkte Reizbarkeit, Antriebsschwäche und Angst gehören zu den typischen psychischen Auffälligkeiten. In besonders schweren Fällen kann sich daraus eine sogenannte prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) entwickeln, ein eigenes Krankheitsbild, das manchmal sogar mit antidepressiven Medikamenten behandelt werden muss.
Hier finden Sie eine Übersicht, wie Sie PMS und Endometriose unterscheiden können:
PMS | Endometriose |
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Langer Weg zur Diagnose
Um zur richtigen Diagnose zu gelangen, braucht es vor allem Zeit für ein ausführliches Gespräch, in dem die betroffene Frau ihre Beschwerden schildert. Bei PMS ist es hilfreich, für eine gewisse Zeit ein Tagebuch zu führen, in dem das Auftreten der Symptome sowie mögliche Auslöser notiert werden. So sieht der Arzt oder die Ärztin, wann im Zyklusverlauf und in welchem Zusammenhang die Beschwerden auftreten, und kann sie besser einordnen. Als Nebeneffekt lernen die Betroffenen so, die Veränderungen in ihrem Körper bewusst wahrzunehmen.
Eine Endometriose ist ebenfalls nicht leicht zu erkennen. Auch hier stehen die genauen Symptome sowie eine gründliche körperliche Untersuchung an erster Stelle. Darüber hinaus können bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder MRT (Magnetresonanztomographie) zum Einsatz kommen. Beide sind frei von Strahlung und daher für die Betroffenen unbedenklich. Sicher kann die Diagnose aber oft erst mit einer sogenannten Laparoskopie (Bauchspiegelung) gestellt werden. Bei diesem kleinen operativen Eingriff wird ein Schlauch mit einer Kamera durch die Bauchdecke eingeführt. Damit kann der Arzt bzw. die Ärztin den gesamten Bauchraum auf versprengte Endometrioseherde untersuchen und ggf. Proben entnehmen.
Behandlung: von Heilpflanzen bis zur OP
Auch die Behandlung beider Krankheitsbilder ist komplex und hängt von den jeweiligen Beschwerden ab. Bei PMS reichen manchmal schon allgemeine Maßnahmen wie ausreichend Schlaf und Erholung, Stressabbau, körperliche Aktivität und eine Ernährungsumstellung. Um Unterbauchkrämpfe zu lösen und den Zyklus zu harmonisieren, hilft vielen Frauen Mönchspfeffer (bitte auf Beitrag verlinken, sobald er eingestellt ist), ein altbewährtes Mittel aus der Pflanzenheilkunde, das bei verschiedenen gynäkologischen Beschwerden zum Einsatz kommt. Bei starken Schmerzen oder schweren psychischen Symptomen werden auch andere Medikamente verordnet.
Bei der Endometriose hängt die Behandlung davon ab, wo sich die Erkrankung ausgeprägt hat und welche Beschwerden sie verursacht. Auch das Alter der Frau sowie ein möglicher Kinderwunsch werden dabei berücksichtigt. Die Bandbreite reicht von Schmerzmitteln über Hormone bis hin zur Operation, bei der die Endometrioseherde entfernt werden. Das kann z. B. bei einer Unfruchtbarkeit infolge der Endometriose nötig sein. Wenn die Familienplanung abgeschlossen ist, ist in schweren Fällen auch die operative Entfernung der Gebärmutter möglich.
PMS und Endometriose sind angesichts ihrer Häufigkeit und der oft gravierenden Folgen für die Betroffenen als eigenständige Krankheitsbilder noch viel zu wenig bekannt. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich bei entsprechenden Beschwerden an Ihren Arzt oder Ihre Ärztin wenden. Gemeinsam können Sie die Ursache dafür finden und eine individuelle Therapieentscheidung treffen. Denn nicht alle Regelbeschwerden muss „frau“ einfach aushalten.
Quellen:
- Pinkerton, J.V.: Prämenstruelles Syndrom (PMS), MSD Manuals [online]. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/gyn%C3%A4kologie-und-geburtshilfe/menstruationsst%C3%B6rungen/pr%C3%A4menstruelles-syndrom-pms?query=pms [abgerufen am 12.12.2024].
- Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF): Prämenstruelles Syndrom (PMS) & Prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) [online]. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/praemenstruelles-syndrom-pms/ [abgerufen am 12.12.2024].
- gesundheitsinformation.de: Prämenstruelles Syndrom (PMS) [online]. https://www.gesundheitsinformation.de/praemenstruelles-syndrom-pms.html [abgerufen am 12.12.2024].
- Liu J.H.: Endometriose, MSD Manuals [online]. https://www.msdmanuals.com/de/heim/gesundheitsprobleme-von-frauen/endometriose/endometriose [abgerufen am 12.12.2024].
- Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF): Endometriose [online]. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/endometriose/ [abgerufen am 12.12.2024].
- gesundheitsinformation.de: Endometriose [online]. https://www.gesundheitsinformation.de/endometriose.html [abgerufen am 12.12.2024].
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